16.8.18

(I really don´t care for those pictures above, I kept arranging and rearranging them again and again, nothing seems to work and by now they are actually annoying me.  The only two options were to just forget about them, letting them disappear from my memory, stored away on one of those hard drives, or to post them anyway, so you would have to look at some mediocre stuff.  As you can tell I went for the second option. They also have nothing whatsoever to do with the story you´ll find below, which I wrote for WEPSERT (WERBUNG, da Namesnennung, unbezahlt) - thank you so much for making me do so.) 




Mit den Händen arbeiten


Mein Ex-Freund, der wird jetzt Bauer. Der sucht jetzt einen Hof. Er will ein Pferd so dressieren, dass es ihm auf dem Feld hilft. Er sagt tatsächlich dressieren. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Dann erzähl ich es allen. Er hat so ein Teil dabei, das schaut aus wie eine Taschenlampe, aber es ist Schnaps drin. Ich glaub, der Verschluss ist auch der Becher. Er hat jetzt auch ein Kind und kocht Marmelade. Die anderen sagen, sie verstehen nicht wie er das schafft. Ich kann da nicht mitreden, ich kenn mich da nicht aus. Sie sagen, wie ihre Kinder so klein waren, kamen sie zu nichts. Sie sagen, "Aber je mehr man macht, desto mehr schafft man." Ich sag, dass ich mich zu so was schon länger nicht mehr äußere. Sie sagen, seine Freundin hat jetzt so ein weiß-blaues Kopftuch für das Landleben, sie probiert das jetzt mal aus. Ich versteh nichts mehr, was probiert sie aus?

Ich sag immer alles falsch, immer anders als ich es mein. Wenn ich was sag, kling ich dumm. Wenn ich die richtigen Wörter such, find ich sie nicht. Wenn dann nur die falschen. Was gut geht, ist gleich von vornherein das Gegenteil sagen. Da bin ich überzeugend. Ich kann so gut lügen. Manchmal treff ich die Mutter von einem Freund, sie sagt jedes mal, dass sie sich so freut, dass ich sie erkenn. Sie fragt jedes mal, ob es mir so gut geht wie ich ausschau. Ich sag immer ja. Sie schaut auch gut aus. Wir heißen ja auch gleich.

Fahr ich aufs Land, krieg ich Panikattacken. Ich mag den Odel nur, wenn ich weiß, dass ich da nur durchfahr, dass es bald vorbei ist. Wenn ich aber wo bleiben soll, wo es ganz still ist und die Sterne in der Nacht angeblich so hell leuchten, dann kann ich nicht mehr. Wenn es nix anderes gibt außer Autofahren und Fernsehschauen, ist es aus bei mir. Die düngen da ihre Astern so, die schauen aus als tät es sie gleich zerreißen, weil so viel Kraft passt in ein Blütenblatt überhaupt nicht rein. Meine Mutter wollt aus irgendwelchen Gründen immer nach Sylt fahren und dann hat sie sich dort auch noch das abgelegenste Ferienhaus ausgesucht und wir hatten zu sechst nur zwei Räder und nicht mal ein Mietauto. Ich hab mich nach dem Aussteigen aus dem Taxi selbstverständlich vor Schreck sofort auf den Heimweg gemacht. Zu Fuss. Es war einfach zu furchtbar, das Nichts und die Dünen. Weit gekommen bin ich nicht. Scheißgegenwind. Meine Oma hat sogar ein böses Wort gesagt, weil ich abgehauen bin. Die war auch dabei. Ich hatte Zahnspange und meine Tage und meine Freundin hat mir zum Trost selbstgebastelte und deshalb extrem einfache Kreuzworträtsel geschickt. Ich glaub, meine Eltern haben mir sogar offiziell erlaubt die Bravo Girl zu kaufen, weil ich so unglücklich war, sogar Fernsehschauen war ok. Meine Schwestern fanden es super, weil: Schafe. Aber die eine ist ja dann auch da hingezogen, an dieses sinnlose Meer, wo man es "Baden gehen" nennt, wenn man bis zu den Knien im Wasser steht, oben rum Windbreaker. Die Alternative ist Sturmflut. Vor kurzem gab es da mal über 20 Grad - sie haben so geschwitzt!

Die Leute wollen mehr mit den Händen arbeiten. Das tut ihnen so gut. Den Körper spüren. Sie sind dann so schön müde. Affen. Mir tun die Arme so weh. Ich kann nichts mehr machen. Keiner weiß warum.
Sie sagen, "Das kann nicht sein. Das Schmuckmachen ist schön. Eine leichte körperliche Tätigkeit."
Und wie immer wenn ich mir selber explained werde - nichts. Nicht die richtigen Worte. Gar keine Worte, wenn doch, wieder nur falsche. Es rauscht im Ohr, aber - nichts. Ich werd rot, weiß, rot, weiß - nichts.
Sagen hätte ich können, "Darf ich Sie aufklären? Über das schöne Schmuckmachen? Das ist eine spanabhebende Tätigkeit. Geb ich einem Ungelernten ein Schleifpapier, kann der nach fünf Minuten nicht mehr. Mach ich das drei Stunden, stehen mir die Finger schräg von der Hand weg, ich muss die dann erst wieder hinrichten. Ich hab eine Hammerfrequenz von über drei Schlägen in der Sekunde. Metall auf Metall auf Metall. Da singen dir alle Nerven. Nerven, die kennst du gar nicht. Und dass die singen können, weißt du auch nicht. Leichte körperliche Tätigkeit! Schön ist es schon. Vor allen dann, wenns fertig ist. Da kann ich jetzt nichts sagen. Geht jetzt alles nicht mehr. Arsch, blöder."
Aber ich sag ja nichts, ich werd nur rot und weiß.
Deshalb, "Machen Sie was Anderes. Schönes."
"Was Anderes?" - ich.
"Schreiben Sie einen Roman!"
"Einen Roman?" - ich.
"Wollen Sie keinen Roman schreiben? Haben Sie eine Anpassungsstörung?"
Ich hab so eine Wut.
Mit den Händen arbeiten.
Roman.
Diese Affen.
So eine Wut.
Nie, nie, nie bin ich schön müde.

Den Körper spüren. Das willst du nicht. So ist das Handwerk nicht. Die sind alle froh, wenn sie möglichst wenig spüren, vom Körper. Die sind nicht schön müde, die fallen um. Die, die wegen einem Authoritätsproblem allein irgendwas in ihren unromantisch kalten Werkstätten machen, alles Muffel und Dreck, und die, die einen Scheißjob machen, weil sie einen Scheißjob haben - alle sind am Schluss so arm, dass sie fast keine Zähne mehr haben. Und dann will immer keiner zahlen, weil die Arbeit macht doch Spaß, weil eigentlich könnten sie das ja selber. Mit den Händen. Unsere Metalldrückerei findet keinen Lehrling mehr, nie haut es hin. Der eine hat nicht mehr kommen können, weil er immer Bauchweh hat. Wundert ihn nicht, sagt der alte Gsell, wenn der den ganzen Tag Spezi trinkt. Aus Flaschen. Des bapperte Zeich. Da musst du schon ganz hart sein, um mit 14 zwei alte Männer und die Metallkälte aushalten zum können. Den Flexgeruch. So viel Spezi kannst du gar nicht saufen. Wenn die in der Mittagspause draußen im Hof, auf der Waschbetonbank, ihre Plastikdosen aufmachen, willst du weinen. Dass du später dann die Werkstatt kriegst, ist dir da auch wurscht. Mein Vater sagt, in dem Alter haben sie zamkehrt, Semmeln gholt, weil drei mal am Tag war Brotzeit und am Freitag Maschinen putzt. Das war schön, das Maschinenputzen, am Freitag. Aber in der Früh, auf dem Weg hin, am Dom vorbei, da hats fei scho gscheit zogn.

Ich muss diese Bauernhofmuseen sofort wieder verlassen, ich hasse es in diesen kleinen Häusern. Das ist so schlimm da drin, diese Strohsackbetten, diese rachitischen Kinder auf den vergrößerten Fotos, die Holzschuh. Ich krieg vom Hinschauen schon die Schwindsucht. Meine Mutter sagt, das ist das Erbe. Deine Urgroßeltern sind alle vom Land in die Stadt abgehauen, die wollten nie wieder zurück. Und deine Großeltern wollten dann nie wieder in diese grawligen (modrig) Altstadtgassen in denen ihre Eltern gelandet sind, deswegen kannst du den Geruch da auch nicht ertragen. Die wollten dann in die Vorstadt und deswegen sitz ich da jetzt auch fest. Mir wurde mal eine chinesiologisch-psychologisch arbeitende Heilpraktikerin empfohlen, ich bin hingegangen. Ich hab ein Hemd mit Rüscherl angehabt und am nächsten Tag war mein Geburtstag. Die hat dann durch Armdrücken erfahren, dass ich eine Schuld mit mir herumtrag, die mich krank macht. Wahrscheinlich haben meine Urgroßeltern anderen Bauern ein Feld gestohlen, weil alle warns Bauern. Und ein erstgeborenes Kind war tot, das wiederholt sich jetzt immer. Ich wollt die ganze Zeit weinen. Sie hat mir dann eine lila getönte Brille aufgesetzt und ich sollt von links oben nach rechts unten schauen. Oder anders rum. Ein paar mal. Dann hat sie mir noch ein Engelspray empfohlen. Mein Erzengel war fast der einzige den sie im Reformhaus noch hatten, die anderen waren alle aus. Ich hab so ein Glück gehabt.

Ich geh zu Ausstellungseröffnungen, die kosten nichts. Da ess ich die zaachsten (zäh, hart) Brezen und die lätschertsten (aufgeweicht, gummiartig) Erdnussflips. Trinken tu ich nichts, ich trinke nie. Eigentlich trink ich sowieso nur daheim und dann nur Tee. Ich schau mich um, ziemlich schnell. Zum länger Schauen, also zum Verweilen, da muss ich mich zwingen, das liegt mir nicht. Deswegen geh ich drei mal durch und schau absichtlich lang, so lang wie ich kann, weil sonst müsste ich ja gleich wieder heimfahren. Es lohnt sich fast nie, meistens denk ich, "Mein. Gott." und "Ich geh nimmer hin." Aber ich geh trotzdem immer wieder, was willst du auch machen, jeden Abend allein zu haus. Aber manchmal gefällt mir ja auch was. Dann ruf ich gleich meine Schwester an und kichere ihr ins Telefon, dass ich jetzt in love bin. Schon auf dem Heimweg überkommt mich dann auf dem Rad der Selbsthass. Alle waren so shiny, hatten die Haare so glatt, sogar die mit den messy Frisuren, und dann diese Bodycon-Kleider über den Abs oder welche mit Schößchen und Blumenprint und drunter wars eher jiggly - gleich schön. Nur ich nicht. Meine Sandalen sind nie so golden wie die auf der anderen Seite. Wenn ich dann daheim meine Haare im Spiegel seh, muss ich sofort ins Bett. Das muss ich eh, es ist schon fast 10. Ich nütz es nicht so richtig aus, das Stadtleben.

2 Kommentare:

  1. I really enjoy your blog. Thank you so much for sharing.

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    1. thank you so much for reading along - this means a lot!

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